Overblog
Folge diesem Blog Administration + Create my blog
14. Juli 2014 1 14 /07 /Juli /2014 14:00

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Heimkids sind immer noch ein Thema. Wer von Ihnen hin und wieder meinen Blog aufsucht, weiß das. Ansonsten: Schauen Sie doch einmal wieder rein. Es gibt neue Entwicklungen.

1. Die Heimkinder aus den psychiatrischen Einrichtungen und Heimen für Menschen mit Behinderung, vom Runden Tisch nicht beachtet, sollen nun eine flächendeckende Studie bekommen, soweit sie katholisch sind. http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/08/neue-heimkinderstudie-im-auftrag-der-caritas/ Dort auch weiterführende Links.

2. Mit der Frage, wie die von den Nazis leergemordeten Heimplätze nach dem Krieg wieder belegt wurden und in wessen Interesse, dürfte ein neues Kapitel eröffnet werden. http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/04/nachkriegskinder-als-frischfleisch-fur-die-psychiatrien/ und http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/03/das-leid-von-kindern-in-psychiatrischen-einrichtungen-in-der-nachkriegszeit/

3. Auch heute noch gibt es Heime, in denen die Zustände ähnlich skandalös sind wie in den mittlerweile historischen. http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/09/neues-aus-der-haasenburg/

Wie eine Gesellschaft mit den „Überzähligen“ umgeht, mit den Menschen, die man nicht (mehr) braucht, die aber Kosten verursachen, zeugt von ihrer Humanität.

Hier wären noch mehr Gruppen aufzuzählen, als die Heimbewohner jedweden Alters. Ich will hier nur die Alten- und Pflegeheime nennen, auf die ein großer Teil von uns „zualtert“, auch die ehemaligen Heimkinder. http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/07/31/wurdiges-sterben/ und http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/12/31/2243/. Der dort genannte Vorfall liegt zwar schon etwas zurück, doch ich bekomme auch Meldungen über aktuelle Fälle.

Ihrer Aufmerksamkeit herzlich empfohlen!

Mit freundlichem Gruß

Dierk Schäfer

Freibadweg 35

73087 Bad Boll

Blog: http://dierkschaefer.wordpress.com/

 

ehemalige Heimkinder, Heimopfer, Psychiatrieopfer, Katholische Kirche, Evangelische Kirche, Caritas, Diakonie, 

 

Blog: http://dierkschaefer.wordpress.com/

Diesen Post teilen
Repost0
8. Juli 2014 2 08 /07 /Juli /2014 16:01

In meinem Blogbeitrag habe ich unterschiedliche Schreiben an die Projektleitung in der Katholischen Hochschule Freiburg veröffentlicht. 1. die Reaktion von dem Blogbetreiber Dierk Schäfer, 2. die der „Freien Arbeitsgruppe JHH 2006“.

http://helmutjacob.over-blog.de/article-die-stillen-leiden-der-heimkinder-weitere-studie-geplant-als-ob-s-nicht-schon-genug-gabe-124054212.html

Die Antworten der Projektleiterin: 

An Dierk Schäfer:

Sehr geehrter Herr Schäfers,

als Projektleiterin der Studie „Heimkinderzeit in der katholischen Behindertenhilfe und Psychiatrie 1949-1975. Eine qualitative und quantitative Erfassung der Problemlage“ möchte ich Ihnen gerne auf ihre Mail vom 02. Juli 2014 an Frau Arnold antworten.

Sie nehmen Bezug auf den von Steve Pryzibilla verfassten Artikel, der am 30.Juni 2014 in den Stuttgarter Nachrichten erschienen ist. Herr Pryzbilla bezieht sich auf ein Interview mit Frau Arnold, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Koordinatorin  in der Studie tätig ist. Leider werden vom Interview und den weitergereichten Materialien wenig konkrete Information, bzw. zum Teil auch journalistisch sehr frei interpretierte Inhalte an den Leser/die Leserin weitergegeben.

Damit Sie sich ein umfassenderes Bild machen können, möchte ich Sie auf unserer Homepage mit genaueren Informationen hinweisen. Unter www.heimkinderstudie.de  finden Sie mehr zu Anlage, Auftraggeber und Ziel des Projektes.

Sie fragen auch nach der Notwendigkeit dieser Studie, hierzu ist zu betonen, das die Kinder und Jugendlichen, die in Einrichtungen der katholischen Behindertenhilfe im genannten Zeitraum gelebt haben selten berücksichtigt werden. Bei allen bisher durchgeführten Studien handelt es sich entweder um Mikrostudien einzelner Einrichtungen oder aber um eine andere Zielgruppe (Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Erziehungshilfe). Gerade die Kinder und Jugendlichen der damaligen Zeit, die in Einrichtungen der katholischen Behindertenhilfe lebten und zum Teil heute noch dort leben werden finden selten Gehör.

Ziel der Studie ist Aufarbeitung und Transparenz. Der Fachverband „Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V“ hat diese Studie in Auftrag gegeben, die Veröffentlichung der Ergebnisse ist vertraglich festgelegt und wird zu Projektende stattfinden.

Bereits zu Beginn der Studie wurde von unserer Seite auch Kontakt zu ehemaligen Heimkindern aufgenommen. Dies geschah zum einen in direkten Gesprächen (z.B. auf der Berliner Tagung Menschenrechtsverletzungen in DDR-Heimen am 18./19.10.2013), aber auch per Brief und Mail. So wurde auf diesem Weg der Kontakt zu Vereinen/Initiativen ehemaliger Heimkinder gesucht, bspw. zum Förderverein Jugendhof Wolf e. V., zur begleitenden Arbeitsgruppe der Anlauf- und Beratungsstelle für Ex-Heimkinder in Rheinland-Pfalz, zu einer Initiative für Betroffene mit Behinderung, die in den 1950er und 1960er Jahren in Heimen der BRD gelebt haben, dem Verein Ehemaliger Heimkinder e.V., zum Arbeitskreis Fondsumsetzung Heimerziehung und zum Verein Ehemaliger Heimkinder Deutschland. Außerdem wurde Herr Schruth als Vertreter ehemaliger Heimkinder persönlich informiert und um Mithilfe bei der Vermittlung von möglichen AnsprechpartnerInnen gebeten. Auch wurde Kontakt zu Einzelpersonen aufgenommen, die bereits in den Medien aktiv waren und sind, dadurch viele Kontakte zu anderen Betroffenen haben, aber keiner speziellen Initiative zugeordnet werden können.

Ich hoffe ich konnte Ihnen der Sache dienliche Informationen geben. Falls Sie weitere Fragen haben können Sie sich gern direkt an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Annerose Siebert

An die FAG JHH 2006:

Sehr geehrter Herr Jacob,

als Projektleiterin der Studie „Heimkinderzeit in der katholischen Behindertenhilfe und Psychiatrie 1949-1975. Eine qualitative und quantitative Erfassung der Problemlage“ möchte ich Ihnen gerne auf ihr Schreiben an Frau Arnold vom 02. Juli 2014 antworten.

Sie nehmen Bezug auf den von Steve Pryzibilla verfassten Artikel, der am 30.Juni 2014 in den Stuttgarter Nachrichten erschienen ist. Herr Pryzbilla bezieht sich auf ein Interview mit Frau Arnold, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Koordinatorin  in der Studie tätig ist. Leider werden vom Interview und den weitergereichten Materialien wenig konkrete Information, bzw. zum Teil auch journalistisch sehr frei interpretierte Inhalte an den Leser/die Leserin weitergegeben.

Damit Sie sich ein umfassenderes Bild machen können, möchte ich Sie auf unserer Homepage mit genaueren Informationen hinweisen. Unter www.heimkinderstudie.de  finden Sie mehr zu Anlage, Auftraggeber und Ziel des Projektes.

Sie äußern in Ihrem Schreiben Unmut darüber, dass wir uns im Rahmen der Studie nicht mit Betroffenen in Verbindung gesetzt haben, auch entnehmen Sie dem fragwürdigen Artikel, dass die Studie erst anläuft. Hierzu kann ich Sie informieren, dass die Studie bereits vor einem Jahr begonnen hat. Michael Kramer, Mitarbeiter in dieser Studie, hat auch zu Beginn mit Ihnen Kontakt aufgenommen, Sie hatten bereits einen Mailwechsel.

In direkten Gesprächen (z.B. auf der Berliner Tagung Menschenrechtsverletzungen in DDR-Heimen am 18./19.10.2013) wurde Kontakt mit Initiativen ehemaliger Heimkinder aufgenommen. Zudem wurde per Mail bzw. Brief Kontakt zu Vereinen/Initiativen ehemaliger Heimkinder aufgenommen, bspw. zum Förderverein Jugendhof Wolf e. V., zur begleitenden Arbeitsgruppe der Anlauf- und Beratungsstelle für Ex-Heimkinder in Rheinland-Pfalz, zu einer Initiative für Betroffene mit Behinderung, die in den 1950er und 1960er Jahren in Heimen der BRD gelebt haben, dem Verein Ehemaliger Heimkinder e.V., zum Arbeitskreis Fondsumsetzung Heimerziehung und zum Verein Ehemaliger Heimkinder Deutschland. Außerdem wurde Herr Schruth als Vertreter ehemaliger Heimkinder persönlich informiert und um Mithilfe bei der Vermittlung von möglichen AnsprechpartnerInnen gebeten. Auch wurde Kontakt zu Einzelpersonen aufgenommen, die bereits in den Medien aktiv waren und sind, dadurch viele Kontakte zu anderen Betroffenen haben, aber keiner speziellen Initiative zugeordnet werden können. Da die Studie ausschließlich auf Einrichtungen der katholischen Behindertenhilfe und Psychiatrie Bezug nimmt haben wir die von Ihnen erwähnten Informationen und  Studien zwar zur Kenntnis genommen und auch berücksichtigt, sie sind aber nicht zentral. Ich denke, dass ist nachvollziehbar,

Ziel der Studie ist Aufarbeitung und Transparenz. Der Fachverband „Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V“ hat diese Studie in Auftrag gegeben, die Veröffentlichung ist vertraglich zu  Projektende vereinbart. Wir als WissenschaftlerInnen arbeiten unabhängig.

Sie bezweifeln  auch die Notwendigkeit dieser Studie, hierzu ist zu betonen, das die Kinder und Jugendlichen, die in Einrichtungen der katholischen Behindertenhilfe im genannten Zeitraum gelebt haben viel zu selten berücksichtigt werden. Bei allen bisher durchgeführten Studien handelt es sich entweder um Mikrostudien einzelner Einrichtungen oder aber um eine andere Zielgruppe (Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Erziehungshilfe). Hierzu haben wir aus forschungsmethodischen Aspekten ebenfalls eine Übersicht erstellt, was uns in unserem Vorgehen bestärkt hat.

Ich hoffe ich konnte Ihnen der Sache dienliche Informationen geben. Falls Sie weitere Fragen haben können Sie sich gern direkt an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Annerose Siebert

Darauf hat Dierk Schäfer heute reagiert:

Sehr geehrte Frau  Prof. Siebert,

für Ihre prompte Antwort danke ich herzlich. Sie haben natürlich Recht mit Ihrem Hinweis auf die eingeschränkte Tauglichkeit medialer Berichterstattung und haben mir dankenswerterweise den Link zum Projekt hinzugefügt (http://www.heimkinderstudie.de/ ).

Wenn ich jetzt darauf eingehe, so fühlen Sie sich bitte nicht genötigt, mir gegenüber die Studie zu rechtfertigen. Ich will trotzdem ein paar Aspekte ansprechen, weil die Leser meines Blogs, auch wenn nur eine Minderheit zu Ihrer Zielgruppe gehört, aus eigenem Erleben heraus am Thema Heimkinder und der öffentlichen wie wissenschaftlichen „Vergangenheitsbewältigung“ interessiert ist.

Daß vielen ehemaligen Heimkindern eine flächendeckende Studie der Untereinheit katholisch und behindert suspekt ist, wird Sie wohl nicht verwundern. Den meisten ist eine grundlegende wissenschaftliche Herangehensweise ohnehin fremd, denn man hatte sie heimseits allenfalls mit einer Bildung ausgestattet, die für einfache und damals schon vom Aussterben bedrohte Berufe befähigte.  Sie sehen ihre Heimvergangenheit hinreichend durch die Mikrostudien bestätigt und sehen auch, daß ihnen die wissenschaftliche „Adelung“ am Runden Tisch Heimerziehung (und auch am Runden Tisch Missbrauch) nichts gebracht hat, auch wenn der Runde Tisch selbst solche Expertisen in Auftrag gegeben hatte. Sie haben die Erfahrung gemacht, daß diese Art Wissenschaft l’art pour l’art ist, weil die Interessen der Mehrheit am Runden Tisch den ihren entgegengesetzt waren und durchgedrückt wurden. Am Runden Tisch saß auch Prof. Schruth, den Sie erwähnen. Der hat, als es darauf ankam, den Ergebnissen zugestimmt, und später, im Vortrag unter Fachkollegen, eine differenzierte und distanzierende Position eingenommen. Das hat bei den ehemalige Heimkindern nicht zum Vertrauen beigetragen, weder in die Person, noch in die Wissenschaft.

Nun haben Sie Drittmittel bekommen für die Untersuchung eines Teils von einer Betroffenengruppe, die am Runden Tisch nicht nur ausgelassen, sondern auch recht schnöde abgewiesen wurde.

Diese Drittmittel kommen von einer Seite, die auch am Runden Tisch vertreten war und dessen Verfahrensweise und das Ergebnis mit zu verantworten hat. Die ehemaligen Heimkinder sprechen von „Täterorganisationen“ und meinen damit nicht nur die in den Heimen erlittene Behandlung, sondern auch deren Verhalten am Runden Tisch. Sie fragen sich auch, warum für Wissenschaft Geld ausgegeben wird, während sie mit „Almosen“ abgespeist werden.

Nun gibt es für historische Vorkommnisse aufarbeitende  Wissenschaft keine „Verjährung“. Im Gegenteil: Je älter, desto besser, es sei denn, das Feld ist schon hinreichend beackert. Für die wissenschaftliche Bearbeitung der Vorkommnisse am Runden Tisch  werden wir also mindestens so lange warten müssen, bis die Verantwortlichen sich juristisch auf  Verjährung berufen können, besser noch, wenn sie das Zeitliche gesegnet haben.

Was Drittmittel vonseiten involvierter Institutionen bedeuten (können) sah man im Fall Pfeiffer/KfN, doch da werden Sie sich wohl besser abgesichert haben.

Nun zur Studie selbst: Die Eingrenzung auf katholische Personen mit Behinderung mag ja den knappen Drittmitteln geschuldet sein. Vielleicht wollte die Diakonie einfach nicht mitmachen. Die Behandlung des Personenkreises dürfte aber wohl den damals gültigen allgemeinen Bedingungen entsprechen. (Ob es von der Organisationsform abgesehen einen speziell katholischen Anteil gegeben hat, wäre wirklich interessant.) Nicht vergessen darf man dabei die erst kürzlich aufgetauchten Vorwürfe, daß in den von den Nazis „geräumten“ Heimen in der Nachkriegszeit Plätze zur Verfügung standen, die aus ökonomischen Gründen der Träger wieder belegt werden mussten, auch mit Hilfe von in der Nazizeit bewährten Gutachtern. (http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/04/nachkriegskinder-als-frischfleisch-fur-die-psychiatrien/ ). Doch dies können Sie ja auch an einer eingeengten empirischen Stichprobe überprüfen.

Zur Stichprobe: Wünschenswert wäre natürlich eine randomisierte Stichprobe anhand der vollständigen Belegungslisten. Angeblich sind jedoch viele Akten vernichtet worden. Quod non est in actis ist auch wissenschaftlich schwer zugänglich. Doch soweit noch Akten vorhanden: Es dürfte fast unmöglich sein, den Verbleib der Personen über die Meldeämter zu ermitteln. Nicht nur der Datenschutz generell ist hier ein Hindernis, sondern auch speziell der Schutz vor Retraumatisierungen oder die Angst, in seinem Umfeld bloßgestellt werden zu können. Wenn dann noch dazu der Auftraggeber katholisch ist, mag das verstärkt dazu führen, sich lieber bedeckt zu halten. So bleiben lediglich die Personen, die sich schon geoutet haben oder bereit dazu sind, wenn sie von Ihrer Studie erfahren. Wenn überhaupt. Denn wohl nicht unbegründet wird immer wieder gesagt, daß diese Zielgruppen, ich meine jetzt sämtliche Heimkinder aus diesem Zeitraum, nicht in dem Maße „netzaffin“ sind, wie zu wünschen wäre. Einerseits mag das generell an der Altersgruppe liegen, andererseits speziell an der nicht erworbenen Fähigkeit, sich flexibel auf neue Kommunikationsmöglichkeiten  einzulassen und schließlich auch an der wirtschaftlichen Lage, die bei ehemaligen Bewohnern psychiatrischer Einrichtungen noch prekärer sein dürfte, als die der wirtschaftlich ohnehin schlecht ins Leben entlassenen „normalen“ Heimkinder.

Sie setzen also auf „Selbstmelder“ und auf Hinweise aus dem Umkreis Betroffener. Ihre Studie wird damit einen Bias (eine methodisch bedingte Schlagseite) bekommen und ob Sie den  in den Griff kriegen, bezweifele ich.

Noch einmal: Fühlen Sie sich bitte nicht genötigt, mir gegenüber die Studie zu rechtfertigen.

Ich bin aber auf Ihre Ergebnisse gespannt und würde mich freuen, wenn Sie mich im Rahmen Ihrer Öffentlichkeitsarbeit in Ihren Verteiler aufnehmen.

Mit freundlichem Gruß

Dierk Schäfer

 Heimkinder, Heimopfer, Katholische Kirche, Caritas, Katholische Hochschule Freiburg, Prof. Dr. Peter Schruth

 

Diesen Post teilen
Repost0
3. Juli 2014 4 03 /07 /Juli /2014 19:18

Ihr Forderungskatalog

 1. Anerkennung des Unrechts

Der Runde Tisch schlägt vor, für alle Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen an Orten, die eine besondere Bedeutung haben, ein Mahn- bzw. Denkmal oder eine Gedenkstätte zu errichten. Mindestens ein Mahn- oder Denkmal bzw. eine Gedenkstätte soll von gesamtschweizerischer Bedeutung sein.

 

2.  Beratung und Betreuung

2.1 Der Runde Tisch schlägt die finanzielle Unterstützung einer gemeinsamen Plattform für Suchdienste vor.
2.2 Der Runde Tisch schlägt die Ausdehnung des Geltungsbereichs des Opferhilfegesetzes auf die Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen im Hinblick auf die Unterstützung durch die Beratungsstellen und die Kostenbeiträge vor. Dabei ist auch zu prüfen, ob der zeitliche Geltungsbereich zu präzisieren ist.

 

3.  Akteneinsicht / Aktensicherung / Bestreitungsvermerke3.1 Der Runde Tisch schlägt vor, dass die Verantwortlichen der kantonalen, kommunalen und privaten sowie insbesondere der kirchlichen Archive weiterhin sensibilisiert und in Bezug auf Aktenführung, Aktensicherung und Gewährung von Akteneinsicht durch die Staatsarchive unterstützt werden. Die Verantwortlichen jener Archive, zu denen bislang kein Zugang bestand, sollen den Betroffenen Akteneinsicht gewähren.

3.2 Der Runde Tisch schlägt vor, dass die bisherige Praxis bei der Anbringung von Bestrei- tungsvermerken weitergeführt wird, und dass die Archivmitarbeitenden die Betroffenen bei der Formulierung von Bestreitungsvermerken und Gegendarstellungen weiterhin un- terstützen.

3.3 Der Runde Tisch schlägt vor, die im Rehabilitierungsgesetz vorgesehenen Vorschriften betreffend Archivierung in geeigneter Form in die zu schaffende Rechtsgrundlage für die Rehabilitierung aller Gruppen von Betroffenen des Runden Tisches zu übernehmen.

3.4 Der Runde Tisch schlägt vor, der Änderung des Zivilgesetzbuches (Adoptionsrecht) er- höhte Priorität einzuräumen. Es ist zudem zu prüfen, ob und wie bei Adoptionen bereits vor der Inkraftsetzung der neuen Regelung eine Kontaktnahme ermöglicht werden kann.

 

4.  Finanzielle Leistungen

4.1 Der Runde Tisch schlägt vor, substantielle finanzielle Leistungen zugunsten der Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vorzusehen. Er schlägt vor, die gesetzliche Grundlage für einen Solidaritätsfonds zu schaffen. Einzig der SBV will die finanziellen Leistungen auf Härtefälle beschränken.

4.2 Der Runde Tisch schlägt vor, in Ergänzung zum vorgeschlagenen Solidaritätsfonds eine gesetzliche Grundlage für die Ausrichtung eines Zuschlags zur AHV-Rente an alle ren- tenbeziehenden Opfer zu schaffen. Einzig der SBV will diesen Zuschlag auf Härtefälle beschränken.

 4.3 Der Runde Tisch schlägt vor, die Soforthilfe bei der Berechnung der Sozialhilfe, der So- zialversicherungsleistungen und weiterer Sozialleistungen (z.B. Bedarfsleistungen) so- wie bei der Steuerveranlagung nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen.

4.4 Der Runde Tisch schlägt vor, dass die kantonalen Behörden angehalten werden, ihren Ermessensspielraum zu nutzen und die Soforthilfe als unpfändbaren Vermögenswert zu betrachten.

4.5 Der Runde Tisch schlägt vor, die besondere Situation von Opfern fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen bei der Überprüfung und Festsetzung von Voll- und Teilrenten der IV zu berücksichtigen.

4.6 Der Runde Tisch schlägt vor, die Betreibungs- und Konkursämter betreffend Nicht- pfändbarkeit der Leistungen der Soforthilfe zu informieren sowie die gesetzliche Grund- lage für den Solidaritätsfonds so auszugestalten, dass eine Pfändung von finanziellen Leistungen an Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierun- gen ausgeschlossen wird.

4.7 Der Runde Tisch schlägt vor, bei der Beurteilung von Gesuchen um Steuererlass von

Opfern mit tiefen Einkommen den Ermessensspielraum zu ihren Gunsten auszuüben.

4.8 Eine Minderheit des Runden Tisches schlägt vor, den Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen auf Lebzeiten ein GA 2. Klasse zu finan- zieren.

 

5.  Wissenschaftliche Aufarbeitung

5.1 Der Runde Tisch schlägt vor, den Schweizerischen Nationalfonds mit der Durchführung eines Nationalen Forschungsprogramms zum Thema fürsorgerische Zwangsmassnah- men und Fremdplatzierungen zu beauftragen. Für den Fall, dass kein solches Pro- gramm zustande kommen sollte, schlägt der Runde Tisch vor, durch eine Gesetzesän- derung den Auftrag der Unabhängigen Expertenkommission gemäss Artikel 5 des Bun- desgesetzes zur Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen im Sinne einer um- fassenden Aufarbeitung zu erweitern.

5.2 Der Koordination zwischen Unabhängiger Expertenkommission und Nationalem For- schungsprogramm sowie der nachhaltigen Vermittlung soll besondere Beachtung ge- schenkt werden. Im Rahmen der Forschungsprojekte sollen Anlaufstellen für Zeitzeu- ginnen und Zeitzeugen geschaffen werden, und es sollen auch die Psychiatriegeschich- te, die strafrechtliche Unterbringung, die Nachfolgegeneration / Zweitgeneration sowie die Medikamentenversuche berücksichtigt werden.

 

6.  Öffentlichkeitsarbeit / gesellschaftspolitische Sensibilisierung

6.1 Der Runde Tisch schlägt vor, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung für die

Sensibilisierung der Öffentlichkeit aufzubereiten.

6.2 Der Runde Tisch schlägt vor, die Ausstellung «Enfances volées – Verdingkinder reden» und eine allfällige Aktualisierung und Erweiterung dieser Ausstellung finanziell zu unter- stützen.

6.3 Der Runde Tisch schlägt vor, das Thema in den Schulbüchern und in anderen Lehrmit- teln zu behandeln. Er schlägt zudem vor, die Schulen aufzufordern, Betroffene einzula- den, damit sie über ihr Schicksal und ihre Erfahrungen berichten können.

 6.4 Der Runde Tisch schlägt vor, dass sich auch die zukünftigen Fachpersonen insbeson- dere im Sozialbereich sowie in der Rechtswissenschaft im Rahmen der Berufsbildung mit dem Thema fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen aus- einandersetzen.

6.5 Der Runde Tisch schlägt vor, eine Sonderbriefmarke mit Zuschlag zu Gunsten der Op- fer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen herauszugeben und eine Gedenkmünze für die Opfer prägen zu lassen.

6.6 Der Runde Tisch schlägt vor, sicherzustellen, dass auch betroffene Personen im Straf- und Massnahmenvollzug informiert werden.

6.7 Der Runde Tisch schlägt vor, ein Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln.

Dazu gehört, dass die Website www.fszm.ch laufend aktualisiert wird.

6.8 Der Runde Tisch schlägt vor, zu prüfen, ob eine Änderung des Strafgesetzbuchs zur Verhinderung und Bestrafung der Verspottung und Verunglimpfung der Opfer von für- sorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 notwendig ist.

 

7.  Organisatorische Massnahmen

7.1 Der Runde Tisch schlägt vor, den Runden Tisch und die Funktionen des Delegierten vorläufig weiterzuführen.

7.2 Der Runde Tisch schlägt vor, das Betroffenenforum vorläufig weiterzuführen.

7.3 Der Runde Tisch schlägt vor, die Selbsthilfe der Betroffenen zu fördern. Dazu sollen insbesondere in den sieben Grossregionen der Schweiz unter Berücksichtigung der ländlichen Regionen sogenannte Selbsthilfezentren oder Selbsthilfegruppen eingerich- tet werden. Betroffene von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierun- gen sollen mit staatlicher Unterstützung Plattformen einrichten können, die ihnen Hilfe zur Selbsthilfe bieten (z.B. Informations- und Erfahrungsaustausch, Massnahmen zur Entfaltung und Entwicklung von persönlichen und beruflichen Ressourcen).

7.4 Der Runde Tisch schlägt vor, Projekte von Betroffenen bzw. von deren Organisationen finanziell zu unterstützen.

 

Zusammenfassende Aufarbeitung und Begründung für die Forderungen des Runden Tisches in der Schweiz

Die vor 1981 getroffenen fürsorgerischen Zwangsmassnahmen gegenüber Jugendlichen und Erwachsenen sowie die Fremdplatzierungen von Kindern und Jugendlichen sind ein dunkles Kapitel der schweizerischen Sozialgeschichte. Viele unter uns lebende Mitmenschen leiden nach wie vor schwer unter dem Unrecht und Leid, das sie erfahren haben. Die Thematik ist noch kaum wissenschaftlich erforscht. Eine umfassende politische und gesellschaftliche Auf- arbeitung erfolgte bisher nur teilweise (so z.B. bei den Kindern der Landstrasse und den Zwangssterilisierungen).

In jüngerer Zeit drang dieses Thema vermehrt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Verschie- dene Veranstaltungen, Ausstellungen und Gedenkanlässe haben das Leiden der Opfer und den gesellschaftlichen Kontext thematisiert, und es wurde versucht, erste Schritte hin zu ei- ner Aussöhnung zu ermöglichen. Auf nationaler Ebene folgten nach längerem Stillstand Ge- denkanlässe in den Anstalten Hindelbank (2010) für die administrativ versorgten Menschen und im Kulturcasino Bern (2013) für alle Gruppen von Betroffenen.

Vor diesem Hintergrund wurde im Juni 2013 von Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes, ein Runder Tisch einge- setzt. Dieser Runde Tisch hat den Auftrag, eine umfassende Aufarbeitung der fürsorgeri- schen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 vorzubereiten und in die We- ge zu leiten. Am Runden Tisch nehmen paritätisch betroffene Personen und Vertreter und Vertreterinnen von Betroffenenorganisationen sowie von interessierten Behörden, Institutio- nen und Organisationen teil. Um weiteren Betroffenen zu ermöglichen, sich mit ihren Anlie- gen in die laufenden Arbeiten des Runden Tisches einzubringen, wurde zudem ein Betroffe- nenforum ins Leben gerufen.

Mit dem vorliegenden Bericht und der Verabschiedung eines Massnahmenkatalogs zuhan- den der Entscheidungsträger in der Politik und in verschiedenen Institutionen schliesst der Runde Tisch ein Jahr nach seiner Einsetzung einen ersten, sehr wichtigen Teil seiner Arbei- ten ab. Der Runde Tisch hat bereits mehrere wichtige Massnahmen getroffen, eingeleitet oder unterstützt: So wurden in den Kantonen Anlaufstellen aufgebaut, die den Betroffenen beratend und unterstützend zur Seite stehen. Weiter wurden Empfehlungen betreffend die Aktensicherung und den Aktenzugang erlassen sowie ein Soforthilfefonds für Opfer von für- sorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen geschaffen, die sich aktuell in schwierigen finanziellen Verhältnissen befinden.

Die vom Runden Tisch im Bericht vorgeschlagenen weiteren Massnahmen betreffen die An- erkennung des Unrechts, die Öffentlichkeitsarbeit und organisatorische Vorkehrungen. Wich- tige Vorschläge betreffen sodann finanzielle Leistungen sowie die wissenschaftliche Aufar- beitung. Die Realisierung einzelner Massnahmenvorschläge, namentlich für finanzielle Leis- tungen, erfordert die Schaffung gesetzlicher Grundlagen. Andere wiederum, wie etwa die Lancierung eines Nationalen Forschungsprogramms zur wissenschaftlichen Aufarbeitung sowie die Massnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit, können auch ohne neue Ge- setzesgrundlagen realisiert werden.

Die Arbeiten des Runden Tisches und was daraus für die Betroffenen sowie für die ganze Schweiz entstehen kann, bieten eine historische Chance, dieses schwierige Kapitel aufzuar- beiten und gleichzeitig dazu beizutragen, dass sich solches Unrecht nicht wiederholt.

http://www.fuersorgerischezwangsmassnahmen.ch/pdf/RT_Bericht_Vorschlaege_de.pdf

Diesen Post teilen
Repost0
2. Juli 2014 3 02 /07 /Juli /2014 15:08

Stuttgarter Nachrichten.de: Steve Przybilla, 30.06.2014 16:30 Uhr - Studie Katholische Hochschule Freiburg

Die stillen Leiden der Heimkinder

Auch in Behinderten-Einrichtungen wurden früher Kinder misshandelt. In welchem Ausmaß, das versucht gerade die Katholische Hochschule in Freiburg zu ergründen. Die Zusammenarbeit mit den Behinderteneinrichtungen laufe gut, so die Projektleitung.

www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.studie-katholische-hochschule-freiburg-die-stillen-leiden-der-heimkinder.70d81fee-12d2-42a7-880e-686af1f04788.html

Dazu Dierk Schäfer in seinem Blog:

...

Sehr geehrte Frau Arnold,

der Zeitung entnahm ich die Information über Ihr Forschungsvorhaben über die ehemaligen Heimkinder. Als mit der Materie befaßter nicht Betroffener kam mir sofort „noch ‘ne Studie“ in den Sinn. Zu fragen ist nicht nur nach der gesellschaftlichen Relevanz Ihres Vorhabens, sondern auch nach der wissenschaftlichen. Betroffene urteilen härter: „Ausgerechnet die Täterorganisationen lassen Gutachten über ihre eigenen Taten erstellen. Wie wären wohl Reaktion auf eine Studie über die Verbrechen Nazideutschlands, die ein post-faschistisches Institut im Auftrag der NPD durchführt? Wie würden die Ergebnisse ausfallen?“ (Kommentar zu dierkschaefer.wordpress.com/2014/06/30/heimkinder-systematisch-geschlagen-vergewaltigt-und-zur-zwangsarbeit-verdonnert/ ).

Die Verbrechen an den ehemaligen Heimkindern sind zwar nicht flächendeckend aber exemplarisch gut aufgearbeitet. Was uns fehlt ist die wissenschaftliche Aufarbeitung der Vorgänge am Runden Tisch und drum herum. Hier gibt es bereits treffende Einschätzungen von Prof. Manfred Kappeler. Doch hier wäre vertiefte Quellenarbeit über die politischen Hintergründe nötig. Interessant wäre schon, ob und inwieweit Sie Zugang erhalten zu staatlichen und kirchlichen Archiven, Zugang zu den Beteiligten – und ob diese frei sprechen dürfen. Ich gehe von einem großen Betrug an den ehemaligen Heimkindern aus, denn es gibt dafür deutliche Belege im Ablauf des Runden Tisches. Das hätte ich aber gern wissenschaftlich überprüft. Daß Runde Tische anders zusammengesetzt auch anders arbeiten können, sieht man hier: http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/02/was-der-runde-tisch-in-kurzer-zeit-erreicht-hat-ubertrifft-selbst-die-zuversichtlichsten-erwartungen/

Im Kontrast dazu: http://dierkschaefer.wordpress.com/2011/01/31/der-runde-tisch-heimkinder-und-der-erfolg-der-politikerin-dr-antje-vollmer/

Sie werden sicherlich Ihr Projekt nicht aufgaben wollen, es wäre aber gut, wenn Sie es erweitern.

Mit freundlichem Gruß

Dierk Schäfer

PS: Wie Sie sehen (werden), läuft zu dieser Thematik Vieles über das Internet. Auch mein Mail an Sie wird heute noch in meinem Blog erscheinen.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/02/noch-ne-heimkinderstudie/

 

Dazu auch die "Freie Arbeitsgruppe JHH 2006":

Frau 

Laura Arnold

Katholische Hochschule Freiburg

E-Mail: laura.arnold@kh-freiburg.de

Ihre geplante Studie über ehemalige Heimkinder

Sehr geehrte Frau Arnold!

Durch Information erfuhr ich heute von Ihrer geplanten neuen Studie zu den Verbrechen an ehemaligen Heimkindern. In den „Stuttgarter-Nachrichten.de“ werden Sie mit der Bemerkung wiedergegeben, daß Ihre Zusammenarbeit beispielsweise mit den Behinderteneinrichtungen gut laufe. Darüber freuen wir uns sehr. Weniger freuen wir uns darüber, daß Sie offensichtlich mit Gruppierungen Betroffener, die ebenso Untersuchungen zu diesem Thema ausgeführt haben, nicht in Kontakt getreten sind. 

Unsere „Freie Arbeitsgruppe JHH 2006“ kann Sie umfangreich über die Verbrechen im Johanna-Helenen-Heim der damaligen Orthopädischen Anstalten Volmarstein bei Hagen (heute Evangelische Stiftung Volmarstein) informieren. 

Hier ein Link, der Sie zu unseren Ermittlungen führt:

http://gewalt-im-jhh.de/Aufarbeitung_der_Grausamkeiten_171108.pdf

Bei Durchsicht unserer Homepages werden Sie feststellen, daß wir auch über andere Behinderteneinrichtungen berichtet haben. 

1. HP: http://gewalt-im-jhh.de

2. HP: http://www.gewalt-im-jhh.de/hp2/index.html

Die Historiker Dr. Ulrike Winkler und Prof. Dr. Hans-Walter Schmuhl haben ebenso über Volmarstein, aber auch in anderen Einrichtungen recherchiert. Diese Links hilft Ihnen weiter:

http://gewalt-im-jhh.de/Bericht_der_Historiker_Prof__S/bericht_der_historiker_prof__s.html

http://gewalt-im-jhh.de/Gewalt_in_der_Korperbehinderte/gewalt_in_der_korperbehinderte.html

Unsere gesamte Homepage gibt es auch als CD gegen Material- und Portokosten zur freien Verwendung. Sollten Sie Bedarf haben, schreiben Sie mich einfach an.

Umfangreiche Informationen stellt Ihnen auch Herr Dipl.-Theologe/Dipl.-Psychologe Dierk Schäfer aus Bad Boll zur Verfügung. Hier sein Blog:

http://dierkschaefer.wordpress.com

Ob angesichts der Fülle des schon vorhandenen Materials eine weitere Studie nötig ist, wage ich doch sehr zu bezweifeln. 

Mit freundlichen Grüßen

i.A.

Helmut Jacob

Heimkinder, Heimopfer, Evangelische Kirche, Diakonie, Entschädigung, Wiedergutmachung, Opferrente, Evangelische Stiftung Volmarstein 

Diesen Post teilen
Repost0
23. Juni 2014 1 23 /06 /Juni /2014 22:04

Helmut Jacob, 58300 Wetter, Am Leiloh 1                23.06.2014

Herrn Bundespräsident

Joachim Gauck

Spreeweg 1

10557 Berlin

Fax 030 2000-1999

Email: bundespraesidialamt@bpra.bund.de

Sehr geehrter Herr Bundespräsident!

Wenn Sie Kriegsgelüste verspüren, dann packen Sie Ihren Kampfanzug und ziehen Sie los. Gern dürfen Sie auch etliche Bundestagsabgeordnete zur Unterstützung abfordern, die ebenso gerne wieder in irgendwelche Kriege ziehen wollen. Da kommt schon eine Kompanie zusammen. Es wird nur wenige geben, die versuchen, Sie aufzuhalten. Obwohl – von Kriegen sollten Sie eigentlich die Nase voll haben. Immerhin hat die Stasi 40 Jahre Krieg gegen die eigene Bevölkerung geführt. Aber je nach Sichtweise haben manche Ex-DDR-Bürger das totalitäre System schlimmer empfunden, als jene, die von dem Regime profitiert haben.

Allerdings ersparen Sie uns bitte Ihr Geschwurbel mit dem Tenor, daß wir mehr für die Verteidigung und die Unterstützung unserer Bündnispartner tun müssen. Wir haben vom letzten Weltkrieg noch die „Schnauze voll“ und insbesondere bei Ihren alten Mitbürgern, die sie ja auch vertreten sollten, kommt dieses verbale Kampfgetöse nicht an. Übrigens zeigt die jüngste Geschichte, daß die USA mit ihren militärischen Einsätzen bisher nur Bruchlandungen hingelegt haben. Kaum ziehen sie ihre Truppen ab, ziehen die Verjagten durch die Hintertür wieder ein, - siehe Irak.

Ich meine auch, daß ein Bundespräsident sich nicht nur um den Frieden in der Welt kümmern sollte - selbst wenn dies durchaus ein pastorales Anliegen ist -, sondern auch um den im Inneren. Und da ist der Frieden längst gestört.

Unser Land hat nicht nur etliche Millionen Juden, Sinti und Roma, behinderte Menschen mit Zyklon B und anderen Mitteln beiseitegeschafft, sondern nach dem Krieg noch eine Millionen Heimopfer produziert. Dies sind Säuglinge, Kleinkinder, Jungen und Mädchen, Jugendliche, behinderte Kinder und Jugendliche, in die Psychiatrie zwangseingewiesen waren. Sie hausten in überwiegend kirchlichen Massenunterkünften (etwa 70%), aber auch in staatlichen. Dort wurden sie körperlich, psychisch und teils sexuell mißhandelt. Ihnen wurde die Hölle auf Erden bereitet und unzählige Opfer sind noch heute traumatisiert. Viele leben arm, weil sie für die Industrie zwangsarbeiten mußten und darum nicht ausreichend ausgebildet wurden. Sie mußten, wenn sie überhaupt eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hatten, als Tagelöhner oder Hilfsarbeiter mühsam über die Runden kommen.

Der innere Frieden unseres Landes ist auch dadurch gestört, daß sich das Land einen Dreck um diese Menschen kümmert. Sie erhalten keine Wiedergutmachung, kein Schmerzensgeld, keine Entschädigung für 10 bis 15 Jahre zerstörte Kindheit und Jugend mit allen daraus entstandenen Nachteilen für das gesamte Leben.

Im Gegenteil: Unter Vorsitz Ihrer Theologie-Kollegin Antje Vollmer wurden sie mit allen widerlichen  Tricks, die erdenklich sind, über den Tisch gezogen. Oberstes Gebot war: Schadensbegrenzung durch Leugnen und Vertuschen, Geschichtskosmetik, Beugung von Begriffen, Unterschlagung von Dokumenten und Fakten. So werden die Opfer, die sich oft aus finanzieller Not heraus bei den Anlaufstellen melden, mit weniger als 5.000 € abgebürstet.

Können Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, dieses skandalöse Unrecht erhobenen Staatshauptes mittragen?

Wenn Sie weiteres Informationsmaterial brauchen, versorge ich Sie gern damit. Ich fürchte nur, Sie interessieren sich nicht für diese Nachkriegsverbrechen.

Sollten Sie mir antworten, werde ich auch diesen Brief, wie alle anderen Materialien zu diesem Thema, im Internet veröffentlichen. Verstehen Sie dies NICHT als Drohung, weil es keine ist. Viele Heimopfer hatten jedoch nie das Geld, eine Tageszeitung zu finanzieren. Vielleicht lesen sie im Internet, was Sie ihnen zu sagen haben.

Mit freundlichen Grüßen

Helmut Jacob

 

Heimopfer, Heimkinder, Runder Tisch Heimerziehung, Entschädigung, Evangelische Kirche, Katholische Kirche, Bundespräsident Joachim Gauck, 

Diesen Post teilen
Repost0
21. Juni 2014 6 21 /06 /Juni /2014 15:39

Einleitung durch die Redaktion "Pfarrerblatt"

"Schon das freiwillig gelebte Zölibat führt in zahlreichen Einzelfällen zu den bekannt gewordenen Problemen. Um wie viel mehr kann und muss ein unfreiwilliges Zölibat Probleme aufwerfen? Helmut Jacob und Dierk Schäfer geht es bei ihren Überlegungen vor allem um eine Gruppe: um Menschen mit Behinderung. Durch ihre Behinderung haben sie auf dem »Partnerschaftsmarkt« wenig oder gar keine Chancen. Hinzu kommt zumeist eine regelrechte Armut, die nicht nur die Gründung einer stabilen Partnerschaft oder wechselnder »Verhältnisse« verhindert, sondern auch die Inanspruchnahme bezahlter sexueller Dienstleistungen. Viele leben zudem in Einrichtungen, in denen ­»erotische Besuche« nicht toleriert würden, ja sogar außerhalb des Vorstellbaren liegen.
In diesem Essay kommt zunächst Helmut Jacob, ein Mensch mit Behinderung, zu Wort. Helmut Jacob beschäftigt sich seit Jahren mit ­diesem Thema und blickt auf viele Gespräche mit Betroffenen zurück. An seine Gedanken knüpft Dierk Schäfer weitere Überlegungen zu einer Neubewertung des Sexualverhaltens in christlicher Religion und kirchlicher Lehre an. Dabei geht es ihm auch darum, wie die Gesellschaft und ihre Institutionen auf die Wünsche behinderter Menschen reagieren können und warum sie ihnen Raum und Unterstützung geben sollten."

http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/index.php?a=show&id=3625

Aus einer email:
"Vielleich könnten Sie freundlicherweise an die Autoren Helmut Jacob und Dierk Schäfer weiterleiten, dass es auch in Deutschland - und nicht nur in den Niederlanden - eine Initiative zu den Themen Sexualassistenz und Sexualberatung für Behinderte gibt, das Institut zur Selbst-Bestimmung Behinderter (ISBB) im niedersächsischen Trebel. Näheres gibt es im Internet auf www.isbbtrebel.de."

behindert, behinderte, körperbehindert, sexualität, sexualassistenz



Diesen Post teilen
Repost0
20. Juni 2014 5 20 /06 /Juni /2014 16:23

Man hatte ihn gebeten, sich für die Opfer in seiner Nachbargemeinde einzusetzen. Es geht um ehemalige behinderte Mädchen und Jungen, die in den Volmarsteiner Anstalten in den 50er und 60er Jahren massivster physischer, psychischer und teilweise sexueller Gewalt ausgesetzt waren. Der angeschriebene Gemeindepastor sollte seinen Kollegen aus der heutigen Evangelischen Stiftung Volmarstein auffordern, endlich seiner Verpflichtung zur Zahlung von Entschädigungen nachzukommen. Die Opfer, deren Biographie großteils zerstört wurde, die heute teilweise in Armut leben, verlangen gar nicht viel. 400 Euro Opferrente bis zum Lebensende. 400 Euro für seelische Wunden, unter denen sie heute noch zu leiden haben. 400 Euro für körperliche Verletzungen, zertrümmerte Trommelfelle mit nachfolgender Schwerhörigkeit, misshandelte Körpergelenke, Sprachstörungen in Folge der Erlebnisse. 400 Euro für Zwangsarbeit im Kinderheim und unzureichende Beschulung und damit schlechte oder fehlende Berufsausbildung.

Ein halbes Jahr später erhielt der Absender des Briefes an den Dorfpastor eine Antwort. Hier der Link:
http://helmutjacob.over-blog.de/article-nix-horen-nix-sehen-nix-mutig-schreiben-die-antwort-des-pastors-91066287.html

Eine Formulierung muss man langsam lesen, um sie in ihrer skandalösen Tragweite zu verstehen: „Eine Kampagne, wie Sie sie beschreiben, als Pfarrerschaft Protest zu formulieren, halte ich für schwierig. Dazu fehlt uns zuviel: Information, Zeit, persönliche Betroffenheit, Einigkeit.“ Kurz gefasst, die Kapitulation des Dorfpastors: Es fehlt ihm die persönliche Betroffenheit; es fehlt an der Einigkeit unter den Pfarrern.

Was würde Jesus dazu sagen? Er pfiff auf die Meinung seiner Umwelt und brachte soviel Mut auf, dass er - will man der Bibel glauben - im Alleingang Händler und Geldwechsler aus dem Jerusalemer Tempel verjagte.

Affen mit Baeffchen

Heimkinder, Heimopfer, Evangelische Kirche, Diakonie, Entschädigung, Wiedergutmachung, Opferrente, Evangelische Stiftung Volmarstein 

Diesen Post teilen
Repost0
18. Juni 2014 3 18 /06 /Juni /2014 23:25

Dierk Schäfer, evangelischer Theologe aus Bad Boll, hat gezwitschert. Er hat getwittert und das heißt eben auf deutsch "zwitschern" (https://twitter.com/dierkschaefer). Damit hat er mich wieder auf eine wichtige Spur gebracht und mir ins Gedächtnis gebracht, dass auch viele Regensburger Sängerknaben - es sollen bis zu 60 sein - Opfer sexueller Gewalt wurden. Sie fanden kein Gehör bei der katholischen Kirche und haben sich darum entschlossen, mit einer Homepage an die Öffentlichkeit zu treten und das Geschehene, also die sexuelle Gewalt, zu veröffentlichen. Denn auch die Medien haben sich von ihnen getrennt; für sie ist das Thema "ausgelutscht".
Die Regensburger Opfer haben klug gehandelt. Nur durch eine Internetpräsenz bleiben ihre Schicksale in der Öffentlichkeit. So lange, bis der letzte Webmaster gestorben ist und übers Archiv des Internets noch lange Jahre. So hat es auch die "Freie Arbeitsgruppe JHH 2006" nach langer Diskussion getan. Sie hat sich gedacht:  "Ein Buch, ganz schön und gut; aber wenn die ersten Auflagen verkauft sind, ist nichts mehr vorhanden". Heute wird die Homepage www.gewalt-im-jhh.de monatlich tausende Male besucht. Bleibt den Regensburger Domspatzen-Opfern nur zu wünschen, dass sie ähnlich Aufmerksamkeit finden.

(1) http://www.regensburg-digital.de/domspatzen-grunden-missbrauchs-archiv/04072012/

(2) http://www.intern-at.de

Heimkinder, Heimopfer, sexuelle Gewalt, Regensburger Domspatzen, katholische Kirche
Diesen Post teilen
Repost0
17. Juni 2014 2 17 /06 /Juni /2014 21:58

Posted in Justiz, Kirche, Kriminalität, Menschenrechte by dierkschaefer on 17. Juni 2014

Der Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2014[1] ist in zweierlei Hinsicht interessant.

Es geht um die Pfändbarkeit von Geldern, die – in diesem Fall von der katholischen Kirche – an Mißbrauchsopfer gezahlt werden. Sinngemäß dürfte es auch auf die Zahlungen an ehemalige Heimkinder zutreffen. Der Beschluß ist in zweierlei Hinsicht interessant.

Festgestellt wird, daß es sich um freiwillige Zahlungen handelt. Der Betroffene hätte also auch nicht erfolgreich gezwungen werden können, zwecks Aufbesserung der Konkursmasse die Gelder einzuklagen. Zudem handele es sich um einen Neuerwerb des Schuldners nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, der falle nicht mehr in die Masse.

Unabhängig davon sei die Zahlung aufgrund einer sehr persönlichen Beeinträchtigung des Mißbrauchsopfers erfolgt, stelle also eine ausschließlich persönliche Zahlung dar. Es sei zudem ausdrücklicher Wille der Kirche, daß das Opfer das Geld persönlich erhalte. Eine Zahlung in die Konkursmasse widerspreche diesem Zahlungszweck. Dem würde die Kirche nicht zustimmen.

Das Gericht hat die Verjährung des Mißbrauchs als gegeben hingenommen. Wie sollte es auch anders. Es hat sich auch jedes diesbezüglichen Kommentars dazu enthalten und nicht dazu Stellung genommen, daß die Verjährungseinrede eine freie Entscheidung der Kirche ist – und moralisch ist es durchaus verwerflich, daß ausgerechnet eine Kirche ihren Opfern sozusagen eine Nase dreht: Ätsch, tut mir zwar leid für dich, aber du hast Pech gehabt. Das Gericht hat auch nicht auf die Unlogik innerhalb des kirchlichen Gedankengebäudes hingewiesen, daß eine Institution, die mit Ewigkeitswerten handelt – und daran gut verdient – selber auf irdische Verjährung pocht. Ein Moralurteil war nicht zu erwarten und wäre dem Gericht nicht angemessen. Es hat auch nichts zu der schäbigen Unterstützungssumme gesagt. Für einfachen Mißbrauch fünftausend Euro (was ist einfacher Mißbrauch?) und für schweren Mißbrauch dreitausend Zuschlag. Was schwerer Mißbrauch sein könnte – über dieses Spektrum sexueller Möglichkeiten will ich hier nicht spekulieren.

Immerhin: Der rechtliche Rahmen der freiwilligen Leistung aufgrund der besonderen Beziehung zwischen Opfer und Täterorganisation schützt das Opfer vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters. Zahlungen ergehen ausschließlich an das Opfer.

Das heißt aber andererseits, daß der Anlaß der Zahlungen mit dem Tod des Opfers erlischt. Das in der Mißbrauchstat begründete Zahlungsbegehren des Opfers ist nicht vererbbar. Also erleichtert der Tod eines Opfers das Budget der Täternachfolger. Für diese zahlt es sich aus, die Verfahren möglichst lange hinzuziehen. Vielleicht hat man ja Glück und Freund Hein löst den Fall.

Das könnte die langen Verfahren und die Wartelisten der verschiedenen Anlaufstellen erklären. Cui bono? Wem nützt es? Eine rein rhetorische Frage.

[1]IX ZB 72/12, Quelle: http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/zahlungen-der-deutschen-bistuemer-in-der-insolvenz-des-missbrauchopfers-377443#sthash.gbacuSzK.dpuf

Diesen Post teilen
Repost0
16. Juni 2014 1 16 /06 /Juni /2014 14:18

Sup zu Austritt 

Sehr geehrter Herr Jacob,

Ihren Brief, in dem Sie Ihren Austritt aus der Evangelischen Kirche mitteilen, habe ich mit Betroffenheit gelesen. Ihre Entscheidung kann ich in Anbetracht der leidvollen Erfahrungen, die Sie mit Mitarbeitenden der Diakonie und der Ev. Kirche gemacht haben, sehr gut nachvollziehen.

Leider hatte ich bisher keine Kenntnis von Ihrer Geschichte und der des Jo- hanna-Helenen-Heims. Wahrscheinlich haben Sie sich in der Vergangenheit richtigerweise an den Ev. Kirchenkreis Hagen gewandt, zu dem die Stiftung Volmarstein und das Johanna-Helenen-Heim kirchlicherseits gehören. Daher erlaube ich mir, Ihren Brief informationshalber an die neue Superintendentin des Ev. Kirchenkreises Hagen, Pfarrerin Verena Schmidt, weiterzuleiten.

Selbstverständlich bedaure ich sehr, dass wir Sie als Gemeindeglied unserer Kirchengemeinde in Wengern verlieren.

Für Ihren weiteren Lebensweg wünsche ich Ihnen, dass Sie trotz der schmerzlichen Erfahrungen Gottes liebevolle Zuwendung erleben. So wünsche ich Ihnen Gottes Begleitung und seinen Segen.

Stellungnahme

16. Juni 2014

Herrn Superintendent

Ingo Neserke

Wideystraße 24

58452 Witten

Fax: 02302/589198

Email: superintendentur@kirche-hawi.de (zum Anklicken der Links)

Mein Austritt aus der Evangelischen Kirche – Ihr Schreiben vom 10. Juni 2014

Sehr geehrter Herr Neserke,

zunächst danke ich Ihnen sehr herzlich für Ihre umgehende Antwort! In der Regel wartet man einige Monate und muß dann sogar Antworten anmahnen, wenn es um das Thema „Verbrechen an Heimkindern“ geht. Diesbezüglich bleiben die Verantwortlichen gern in Deckung.

Mein Schreiben ging mit gleichem Inhalt auch an den Ratsvorsitzenden der EKD, das Diakonische Werk, Frau Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, die Evangelische Stiftung Volmarstein und unseren Gemeindepfarrer Uli Mörchen. Mir liegt viel daran, auch Ihnen zu verdeutlichen, daß meine persönlichen Erfahrungen in einem Heim für behinderte Kinder keine Rolle spielen und ich auch keine Anträge auf irgendwelche Entschädigungsleistungen stellen werde. Ich vertrete die Interessen behinderter ehemaliger Heimkinder der damaligen Orthopädischen Anstalten Volmarstein. Unsere Arbeitsgruppe bietet allerdings auch behinderten Opfern anderer Einrichtungen an, ihr Sprachrohr zu sein. Daher auch mein Erwiderungsschreiben unter unserem Gruppennamen.

Es ist erschütternd, daß offenbar bis zu den Superintendenten noch nicht durchgedrungen ist, daß in den Nachkriegsjahrzehnten bis Anfang der 80er Jahre fast 1.000.000 junge Menschen in Einrichtungen der  Erziehungshilfe und Behindertenhilfe, sowie in die Psychiatrie Zwangseingewiesene Opfer zahlreicher Verbrechen wurden. Es gibt wohl kein Verbrechen, das überhaupt nicht begangen wurde. Diese Kinder und Jugendlichen wurden überwiegend physisch und psychisch mißhandelt, mußten teilweise auch sexuelle Gewalt erdulden. Die meisten Opfer gehen auf die Konten der großen Kirchen. Der „Runde Tisch Heimerziehung“ hat etwa 70% der Geschädigten ermittelt. Darum haben diese beiden Kirchen, so also auch Ihre, unermeßliche Schuld auf sich geladen. Dennoch weigern sie sich, ihren Opfern eine echte Wiedergutmachung zu bieten.

Der Deutsche Bundestag hat den „Runden Tisch Heimerziehung“ im Jahre 2006 installiert. Tischvorsitzende war Ihre Kollegin, die Theologin Antje Vollmer, ehemalige Vizepräsidentin des Bundestages und Mitglied der Grünen. Frau Vollmer hat alles unternommen, um Schadensbegrenzung zu erreichen. Der Begriff „Zwangsarbeit“ im Zusammenhang mit der Zwangsarbeit vieler hunderttausender Heimkinder wurde schlichtweg umdefiniert und sie predigte von vornherein, daß eventuelle Entschädigungsleistungen nicht höher liegen dürften, als die an jüdische Zwangsarbeiter geleisteten. Selbst dabei hat sie noch Fakten eines Rechtsanwaltes unter den Tisch fallen lassen, der sehr wohl Entschädigungen im zweistelligen Tausenderbereich und monatliche Rentenleistungen erstritten hatte. Prof. Manfred Kappeler geht in einem Vortrag auf den Gesamtkomplex ein:

http://helmutjacob.over-blog.de/article-prof-dr-manfred-kappeler-anvertraut-und-ausgeliefert-kinder-und-jugendliche-in-der-heimerziehung-123877645.html

Diese Offerte der Frau Vollmer griffen die Vertreter Ihrer und der Katholischen Kirche dankbar auf. Aber, ich will Ihnen hier nicht die ganze Tragödie des „Runden Tisches Heimerziehung“ auftischen. Unten angefügt einige Links dazu.

Erschütternd ist auch das Verhalten vieler tausender evangelischer und katholischer Pfarrer. Unser Gemeindepfarrer beispielsweise, den ich aufforderte, die Interessen der Opfer seiner Nachbargemeinde in Volmarstein zu vertreten, hat mich mit einem Brief abgewimmelt, der ein Beispiel für die Feigheit mancher Pfarrer ist. Zitatauswahl: „In der Diskussion um die ‚Heimkinder’ ... bin ich nicht sehr informiert. / Dazu gibt es überregionale Beauftragte, ... / Dass die Gemeinden in Wetter sich bei diesem Thema nicht engagieren, mögen Sie verzeihen, aber wir sind alle kleine Gemeinden, die kaum ihre eigenen Sachen geregelt kriegen.“ Bei letztzitierter Formulierung möchte man vor Rührung und Mitleid weinen. Aber es geht weiter: „Eine Kampagne, wie Sie sie beschreiben, als Pfarrerschaft Protest zu formulieren, halte ich für schwierig. Dazu fehlt uns zuviel: Information, Zeit, persönliche Betroffenheit, Einigkeit.“ Die beiden letzten Begriffe (persönliche Betroffenheit, fehlende Einigkeit), sehr geehrter Herr Superintendent, müssten auch Sie nachdenklich stimmen.

Und weil man nichts weiß, braucht man auch nichts zu unternehmen.

Drei theologische Felsen in der Brandung sind mir aus acht Jahren Aufarbeitung bekannt: Zwei Diakone, die damals als Praktikanten in Volmarstein arbeiteten und heute zu unserer Arbeitsgruppe gehören, und Ihr Kollege Dipl.-Theologe Dierk Schäfer aus Bad Boll. Dies sind offensichtlich die einzigen Kirchenvertreter, die sich nicht verstecken. Im Gegenteil: Dierk Schäfer betreibt inzwischen einen großen Blog mit Info’s zum Thema „Heimkinder“ und berät diese auch von Fall zu Fall. Er fordert das, was die Heimopfer auch erwarten und was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Eine wirkliche Entschädigung.

Ihre Kirche hat Spuren der Verwüstung an Kinderseelen und Kinderkörpern hinterlassen. Sie hat komplette Leben zerstört, metaphorisch ausgedrückt: zu Schrott gefahren. Statt diesen Schrott zu reparieren, bietet sie lediglich Geld für einen neuen Seitenspiegel an.

 Mit freundlichen Grüßen

i.A. Helmut Jacob

Weitere Info’s:

http://helmutjacob.over-blog.de/article-nix-horen-nix-sehen-nix-mutig-schreiben-die-antwort-des-pastors-91066287.html

http://helmutjacob.over-blog.de

http://dierkschaefer.wordpress.com

http://gewalt-im-jhh.de

http://www.gewalt-im-jhh.de/hp2/index.html

Bezug auf meine Begründung zum Austritt:

www.helmutjacob.over-blog.de/article-die-kirche-die-sie-reprasentieren-hat-hilflose-geschopfe-gottes-zu-opfern-gemacht-austrittsbe-123811981.html

Dazu auch:

Affen mit Baeffchen

Heimkinder, Heimopfer, Evangelische Stiftung Volmarstein, Evangelische Kirche Wetter-Wengern, Superintendent Hattingen, Evangelische Kirche, Diakonie, Runder Tisch Heimerziehung, Antje Vollmer, Gewalt, Sexueller Missbrauch, behinderte Kinder

Diesen Post teilen
Repost0