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8. Juni 2009 1 08 /06 /Juni /2009 23:53
Die derzeit laufenden Forschungsansätze untersuchen die Zustände in einigen Fürsorgerziehungsheimen im fraglichen Zeitraum. Sie sind also heim-orientierte Sondierungen, die fachwissenschaftlich von großem Interesse sind, jedoch den Anforderungen der ehemaligen Heimkinder nur begrenzt gerecht werden können. Zudem würde es wohl einen jahrzehntelangen Aufwand bedeuten, wenn man bundesweit flächendeckend auf diese Weise die Heimhintergründe aller ehemaligen Heimkinder, die sich mit ihren Heimerfahrungen gemeldet haben, untersuchen wollte.

Darum schlage ich einen ergänzenden Forschungsansatz vor, der zu schnelleren, aber dennoch objektiven Ergebnissen führen soll und der geeignet ist, allen betroffenen Heimkindern noch zu ihren Lebzeiten Anerkennung und materielle Kompensation eröffnen kann, soweit dies die jeweilige Datenlage hergibt.

Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist die Tatsache, daß viele ehemalige Heimkinder sich mit ihren Heimerfahrungen bereits bei unterschiedlichen Personen und Anlaufstellen (Vertrauenspersonen) gemeldet haben. Diese Vertrauenspersonen haben eine wichtige Vorarbeit geleistet: Sie haben zugehört, oft über Stunden und mit ungeheurem Einfühlungsvermögen, und, das soll auch erwähnt werden, unter teilweise erheblicher eigener seelischer Belastung, denn es ist nicht einfach, weinenden Menschen über lange Zeit zuzuhören und auf sie einzugehen, wenn man durch die Berichte an seine eigene Zeit im Heim erinnert wird.

Diese Berichte sollen im Interesse der Betroffenen auswertbar gemacht werden durch einen strukturierten Fragebogen mit korrekter Methodik und durch Rückfragen bei den Betroffenen, so daß schließlich die vielen Einzelfälle eine grundlegende Struktur des Heimalltags in vielen Heimen sichtbar machen. Öffentliche Aufrufe an ehemalige Heimkinder, sich mit ihren positiven bzw. negativen Erfahrungen zu melden, können die Datenbasis verbreitern. Die Erfahrungsberichte werden mutmaßlich zeigen, daß der Staat in vielen Fällen Erziehungsaufgaben übernommen und delegiert hat, ohne seiner Verantwortung gerecht zu werden. Daraus lassen sich begründete Forderungen ableiten, etwa in der Art wie ich sie bereits publiziert und beim Runden Tisch vorgeschlagen habe.  Verfahrensvorschläge-RT

Die bereits bestehende Datenlage für einen solchen Forschungsansatz ist ermutigend. Neben einer Reihe von „Vertrauenspersonen“, die mehr oder weniger systematisch Berichte gesammelt haben, hat z.B. Michael-Peter Schiltsky bereits einen Fragebogen entwickelt und eine Datenbank angelegt. Hieran kann angeknüpft werden.

Einige grundlegende Gedanken für die Erstellung eines qualifizierten Fragebogens, die ich großenteils auch in Schiltskys Fragebogen berücksichtigt fand, habe ich in Absprache mit Herrn Schiltsky beim „2. Expertinnen- und Expertengespräch: Heimerziehung der 1950er und 60er Jahre – Stand und Perspektiven der (fach-)historischen Bearbeitung“ am 3. Juni 2009 in Koblenz präsentiert.praesentation heim-kids

Damit dieses Projekt in wissenschaftlich anerkannter Weise aufgegriffen und erfolgreich durchgeführt werden kann, halte ich einen Forschungsauftrag des Runden Tisches an einschlägig wissenschaftlich tätige Personen/Institutionen oder vergleichbare zielführende Maßnahmen im Interesse der ehemaligen Heimkinder für erforderlich.
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