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28. August 2012 2 28 /08 /August /2012 17:43

dierk schaefer

In seinem Blog geht der evangelische Pfarrer im Ruhestand Dierk Schäfer, Bad Boll, mit mehreren Beiträgen auf das Thema Beschneidung ein. Er ist, wie wohl die Mehrheit der deutschen Bevölkerung, gegen diese Beschneidung. 

Hier Auszüge aus seinen Blogeinträgen: 

Das weckt Erinnerungen an schlimmste Szenarien jüdischer Verfolgung

»Aus der jüdischen Gemeinde kommt weiter scharfe Kritik an dem Kölner Urteil. Der baden-württembergische Landesrabbiner Netanel Wurmser äußerte sich entsetzt: „Das weckt Erinnerungen an schlimmste Szenarien jüdischer Verfolgung“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa«.

Ein geradezu obszöner Vergleich des Landesrabbiners, wenn er Kinderschutz mit der Ermordung von sechs Millionen Juden gleichsetzt. Anderen, die den Holocaust in solcher Weise relativieren, droht ein Strafverfahren. Allerdings würde ich Herrn Wurmser mildernde Umstände zubilligen, was noch lange kein Grund ist, über Gesetze nachzudenken, wie man Minderjährige zur Beschneidung freigibt. Doch Freiheit und Selbstbestimmung sind offensichtlich auch für die FDP-Justizministerin erst Werte für wahlberechtigte Erwachsene. Kinder sind rechtlos – wie damals in den Kinderheimen.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/07/15/das-weckt-erinnerungen-an-schlimmste-szenarien-judischer-verfolgung/

 

Gott wurde schon allerhand abgewöhnt

... Nun zu den körperlichen Eingriffen. Hier sollte das Recht auf Unversehrtheit gelten, mindestens bis zur Religionsmündigkeit mit 14 Jahren. Also keine Beschneidungen, keine Tattoos, keine Solarstudios, auch kein Ohrlochstechen. Eingriffe dürfen nur aus gesundheitlichen Erfordernissen vorgenommen werden. Schwierig wird es bei kosmetischen Eingriffen. Doch wohl niemand wird etwas gegen den kosmetischen Anteil bei einer Gaumenspaltenoperation („Hasenscharte“) einwenden wollen. Es geht darum, daß Kinder so gut wie möglich unbeschwert ihren Weg ins Leben finden können.

Damit ist im Fall der Beschneidung jedoch ein weiteres Problem verbunden. Ausgerechnet ein deutsches Gericht hat sie als strafbar beurteilt. Damit wird jüdisches Leben erschwert oder gar unmöglich gemacht. Und das in einem Land, das Juden millionenfach ermordet hat. Wäre der Vorfall nicht so ernst, könnte man von einem Treppenwitz der Weltgeschichte sprechen, daß ausgerechnet in Deutschland als einzigem Land der Welt ein Grundelement jüdischer Identität unter Strafe stehen soll. Aber sollen wir nur wegen unserer verbrecherischen Vergangenheit Religionen vor dem bewahren, dem sie ohnehin ausgesetzt sind, wenn sie sich in der Welt umschauen – dem Modernisierungsdruck nämlich. Mir scheint, daß jüdische wie auch islamische Theologen versäumt haben, Gott einiges abzugewöhnen. Wem das zu blasphemisch klingt: Diese Theologen haben versäumt, ihre Glaubensbrüder, natürlich auch –schwestern zur Mündigkeit gegenüber Gott und der Welt zu führen.

Was die Beschneidung betrifft: Sie ist selber ein Symbol und kann durch unblutige ersetzt werden. Sind die Kinder groß, werden sie selbst über ihren Körper verfügen.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/07/17/gott-wurde-schon-allerhand-abgewohnt/

 

O weh geschrien

Laut einer Meldung von kna pocht der Hildesheimer Bischof Trelle beim Thema Beschneidung auf Religionsfreiheit und ruft Juden, Christen und Muslime auf, für die freie Ausübung der Religion einzustehen.

Die Gesellschaft müsse immer wieder auf die „friedensstiftenden und freiheitlichen Dimensionen unserer Religionen“ hingewiesen werden.

Offensichtlich wertet Trelle das Kölner Beschneidungsurteil als Angriff auf die Religionsfreiheit. Er will anscheinend nicht wahrhaben, daß es hier um die Rechte von Schutzbefohlenen geht, um das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Damit begibt sich der Bischof auf das Niveau von Rechtsordnungen, denen Körperstrafen kein Tabu sind, so bei den Hadd-Strafen der Scharia.

Er hätte ja auch zu einem vernunftgesteuerten Diskurs zur Abwägung von Elternrechten (hier auf die religiöse Erziehung ihrer Kinder) und grundlegenden Menschenrechten, die auch Kindern zu stehen, aufrufen können. Er scheint aber Angst zu haben, daß mit einem Beschneidungsverbot ihm alle Felle davon schwimmen, so auch die zur gewaltfreien religiösen Erziehung von Kindern. Wer sich so verkämpft, opfert letztlich auch das, was ihm legitimerweise zusteht.

Doch gibt es nicht auch im Christentum eine unheilvolle Geschichte gewaltsamer Erziehung, weit entfernt von der „friedensstiftenden und freiheitlichen Dimensionen unserer Religion“? Möchte Trelle wieder dort hin?

http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/08/08/o-weh-geschrien/

 

Der Name passt: Metzger

» Oberrabbiner Metzger warnte in Berlin: „Von uns zu fordern, dieses Gebot zu ändern, heißt, unsere Religion zu verändern.“ Man könne ebenso wenig von einem katholischen Pfarrer verlangen, Weihnachten zu verschieben, um es im Sommer in kurzen Hosen am Meer zu feiern«.

http://www.derwesten.de/politik/oberrabbiner-sieht-bei-beschneidung-kaum-kompromisse-id7010222.html

Wenig Ahnung scheint er zu haben, der Oberrabbiner. Das Weihnachtsfest und sein Termin hat eine Geschichte – und es wird von verschiedenen christlichen Konfessionen durchaus auch zu verschiedenen Zeiten gefeiert. Wegen kurzer Hosen wird man es wohl nicht verlegen wollen – aber wenn der Termin in eklatantem Widerspruch zu Menschenrechten, zum Recht von Schutzbefohlenen auf körperliche Unversehrtheit stünde, dann sollte man es sofort verschieben.

Der Rabbi Jesus sagte, der Sabbat sei für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat. Vom Rabbi Jesus könnte der Oberrabbi sicher etwas lernen. Aber wenn man schon Ober ist …

http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/08/21/der-name-past-metzger/

 

Die Beschneidungsversuche des Ethikrates

»„Der Gesetzgeber ist in einer Art rechtspolitischem Notstand“, sagte der Hamburger Strafrechtler Reinhard Merkel. Er hob das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Priorität des Kindeswohls hervor. Nur eine Art „Sonderrecht“ könne die Beschneidung gegen alle strafrechtlichen Einwände für rechtmäßig erklären. Allerdings gebe es wegen des deutschen Massenmordes an den Juden eine „Pflicht zur besonderen Sensibilität“«.

In diesem Dilemma griff der Ethikrat zur Schere und beschnitt das Recht auf Beschneidung in einer Art, von der er gewußt haben muß, daß das nicht funktionieren kann. »Ja zur Beschneidung von Juden und Muslimen in Deutschland, aber nur unter Auflagen«.

»Notwendig sei eine umfassende Aufklärung über mögliche Risiken ebenso wie die fachgerechte medizinische Ausführung des Rituals. Mindeststandards seien außerdem eine qualifizierte Schmerzbehandlung und die Anerkennung eines entwicklungsabhängigen Vetorechts der betroffenen Jungen, hieß es in einer Mitteilung des Ethikrats«.

Der Ethikrat hat nur Empfehlungsbefugnisse. Wetten, daß das von den Auflagen allenfalls die fachgerechte medizinische Ausführung und die qualifizierte Schmerzbehandlung kommen wird – ohne daß die Einhaltung dieser Auflagen kontrolliert wird.

Es ist ja ohnehin skurril, daß Ärzte (von denen übrigens nicht die Rede ist, ein Schnellkurs für Beschneider wird wohl auch ausreichen, – auch ist nur von Schmerzbehandlung die Rede, nicht aber von Schmerzvermeidung durch Narkose), es ist also ohnehin skurril, daß fachliches Know-how für medizinisch nicht nötige Eingriffe, noch dazu bei Schutzbefohlenen eingesetzt und vielleicht auch noch vom Gesundheitssystem finanziert wird.

Doch davon abgesehen: Der dummdreiste Auftritt des Oberrabbiners Metzger war vorab eine Absage an diesen Teil der Auflagen. Fragen des Kindeswohls sprach er den Medienberichten zufolge nicht an, sondern bagatellisierte den Eingriff und verwies im übrigen auf den Gottesbefehl. Gottesrecht bricht Menschenrecht. Für Fundamentalisten jeder Art ist das eine unumstößliche Grundlage.

Was gewiß nicht kommen wird, ist ein ernstzunehmendes entwicklungsabhängiges Vetorecht der betroffenen Jungen. Da Kinder nicht geschäftsfähig sind, benötigten sie für Zustimmung wie für Verweigerung einen Betreuer – so eine Art Anwalt des Kindes. Wenn der tatsächlich dem Kindeswohl verpflichtet und nicht an religiösen Vorgaben orientiert ein Kind aufklärt, so daß es zu einer eigenständigen Entscheidung kommen könnte, so ist die Beschneidung von Babies ohnehin ausgeschlossen. Herr Metzger wird Zeter und Mordio schreien und die Antisemitismuskeule schwingen. Diese Vorgabe ist also allenfalls bei der muslimischen Beschneidung denkbar. Ob sich streng religiöse Menschen allerdings auf einen nicht-muslimischen Betreuer einlassen werden, ist kaum anzunehmen.

Das Kernstück des Ethikvorschlages, das Vetorecht des Kindes, ist also wider besseren Wissens unrealistisch. Die Beschneidung der Beschneidungsrechte mag gut gemeint sein – doch für unverbindliche gut gemeinte Ratschläge muß man keinen Ethikrat finanzieren.

Quellen: http://www.zeit.de/gesellschaft/2012-08/beschneidung-betaeubung-ethikrat/komplettansicht?print=true Freitag, 24. August 2012

http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1353831 Donnerstag, 23. August 2012

Blog Schäfer: http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/08/24/die-beschneidungsversuche-des-ethikrates/

 

Beschneidungsdebatte und kirchliches Profil

Kaum war das Kölner Urteil zur Beschneidung bekannt, beeilten sich Vertreter beider Großkirchen, die Beschneidung zu verteidigen. Sie befürchteten eine Einschränkung des Elternrechts auf die religiöse Erziehung ihrer Kinder.

Gut gemeint ist oft aber schlecht gemacht, so auch in diesem Fall, der Anlaß gibt, an der Führungskompetenz der Kirchenvertreter zu zweifeln, zu verzweifeln.

Allzuviel nachgedacht haben sie offensichtlich nicht. Schließlich hätten sie wohl zum ersten Mal einen Vorteil aus ihrer Teil-Säkularisierung ziehen können, in der sie bisher immer nur Federn lassen mußten. Ich denke zwar, daß diese Verschlankung den Kirchen gut getan hat, doch das sehen manche anders – und auch sie haben gute Gründe dafür. Nachdem die Kirchen gezwungenermaßen eine Menge Ballast abgeworfen haben, weil dieser mit den Rechtsvorstellungen und Erkenntnissen unserer Zeit in deutlichem Widerspruch stand, haben sich die Kirchenvertreter in Beschneidungsfragen jedoch mit der Welt von vorgestern solidarisiert. Sie hätten ja auch den Modernisierungsdruck preisen und fordern können, daß auch andere Religionen menschenrechtswidriges Denken und Handeln ablegen sollen.

Hätten sie wenigstens geschwiegen!

Aber nein, sie hatten offensichtlich Angst vor den Kirchenfeinden, die am liebsten die religiöse Erziehung von Kindern ganz verbieten wollen, was doch immerhin eine illusorische und, wie ich meine, dumm-dreiste Forderung ist. Doch nun sitzen die Kirchen im selben Boot mit Leuten, die meinen, sie müßten Kindern am Penis herumschnippeln, und das sei gut so, denn Gott wolle das. Eine merkwürdige Gottesvorstellung, die doch wohl eher Gotteslästerung ist. Eine Steilvorlage für die Kirchengegner, die nun zum Generalangriff blasen. Der hat zwar keine Chancen. Aber unsere Kirchenoberen haben wieder einmal das bezeugt, was ihre Kritiker ihnen vorwerfen: Vorgestrige Institutionen, die Menschen- und Kinderrechte auf dem Altar ihrer Traditionen opfern.

Sie sollten mal die Geschichte von Abraham und Isaak auf neue Art lesen.

Kirchen, die so geführt werden, brauchen keine Feinde. Sie sind in sich selbst verkrümmt, ecclesiae incurvatae in se.

http://dierkschaefer.wordpress.com/2012/08/25/beschneidungsdebatte-und-kirchliches-profil/

 

Ich meine:

Man muss nicht viel Verstand haben, um gegen die Beschneidung zu sein. 1. tut sie weh. Und darum ist die Beschneidung abzulehnen. 2. ist sie nicht nötig. Es gibt keine überzeugenden Argumente außer mögliche  medizinische Notwendigkeiten. Darum ist die Beschneidung auf jeden Fall Körperverletzung. 3. wird dem Kind die Qual der Wahl genommen. Und dies ist eine Menschenrechtsverletzung. Religiös gefärbte Begründungen können in der Bundesrepublik Deutschland keinen Bestand haben, weil diese Art Körperverletzungen bereits per Grundgesetz ausgeschlossen ist und ausgeschlossen bleiben sollte. 

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